EFI-Jahresgutachten: Auch im Südwesten besteht Aufholbedarf

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) der Bundesregierung hat am 15. Februar 2017 ihr Jahresgutachten an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben. Deutschland ist seinem Ziel, ein Top-Innovationsstandort zu werden, erheblich näher gekommen, lautet das Fazit der Kommission. Vor allem beim digitalen Wandel und der Elektromobilität hinkt die Bundesrepublik jedoch hinterher, bemängeln die Wissenschaftler. „Auch im erfolgsverwöhnten Südwesten besteht auf diesen Feldern Aufholbedarf“, betont Prof. Dr. Hugo Hämmerle vom Forschungsbündnis Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW). „Wir beobachten seit einigen Jahren insbesondere in den kleinen und mittelständischen Unternehmen eine rapide abnehmende Innovationsfähigkeit. Mehr Innovationstransfer aus der Forschung in die Wirtschaft ist daher nötig.“

Am 16. Februar hat die Kommission die Ergebnisse der EFI-Studie der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Studie steht auf der Internetseite zum Download bereit. 

Neben viel Licht gibt es auch Schatten

Die Kommission bescheinigt Deutschland spürbare Verbesserungen bei den öffentlichen und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Sie liegen inzwischen bei durchschnittlich drei Prozent; 0,5 Prozentpunkte mehr als noch vor zehn Jahren. Auch bei der internationalen Leistungsfähigkeit der Forschungseinrichtungen und Hochschulen sowie bei der Modernisierung der deutschen Wirtschaft gibt es Fortschritte. „Nicht alle Unternehmen nehmen jedoch die Bedeutung der Veränderungen durch neue Technologien wahr und investieren entsprechend“, warnt Hämmerle. „Das macht Sorgen.“

Der Südwesten ist zwar bislang im internationalen Vergleich bestens aufgestellt. Europaweit steht er seit vielen Jahren auf Platz 1, was Forschung und Innovation angeht. Im Dezember 2016 bestätigte das Statistische Landesamt Baden-Württemberg erneut diese Ausnahmestellung. Sie ist aber bedroht: Die Herausforderungen etwa durch neue Technologien und Geschäftsmodelle sowie neue internationale Wettbewerber sind in den vergangenen Jahren weiter gewachsen.

Auch sind nicht alle Unternehmen gleich innovationsfähig. Die Innovationskraft ruht zunehmend auf den Schultern der Großen, die Spitzenstellung vieler Mittelständler geht verloren. Die Innovationsausgaben kleiner und mittlerer Unternehmen sind im internationalen Vergleich gering und stagnieren seit 2009. Zudem geht die Zahl der Existenzgründungen zurück, im Mittelstand gibt es weniger Patentanmeldungen und der Umsatz mit innovativen Produkten ist klein.

Mehr Technologietransfer nötig – eigene Initiative im Land

„Viele kleine und mittlere Unternehmen sind dabei, die neuen Technologien und die damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen zu verschlafen“, mahnt Hämmerle. Wir müssen sie daher stärker mit Technologietransfer unterstützen, um die Innovationshemmnisse zu überwinden. Es braucht aber auch mehr Mut und Ideen bei der Suche nach radikalen Innovationen: Digitalisierung, Industrie 4.0, Elekt-romobilität, Leichtbau, Medizintechnik und Energietechnologien sind die großen Themen der Zukunft, die es zu besetzen gilt. Sonst verlieren wir unsere Spitzenposition.“

Damit Zukunftstechnologien künftig verstärkt von mittelständischen Unternehmen auf breiter Front im Land entwickelt werden, unterstützen die Institute der innBW vor allem kleine und mittlere Firmen, Innovationshemmnisse zu überwinden. Der Austausch mit Forschungseinrichtungen, etwa in Form von Verbundprojekten, Auftragsforschung, Firmenausgründungen und Beratungen, soll den Unternehmen zu mehr Wettbewerbsfähigkeit verhelfen.

Um dieses Angebot bekannt zu machen, wurde vor zwei Jahren eine zentrale Anlaufstelle, die „innBW-Technologietransfer-Initiative“, eingerichtet, die die Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handels-kammern, den Clustern und Industrieverbänden verbessern soll. Ziel des vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau geförderten Projekts ist die Streuung des Angebots in der Fläche.

Im Südwesten gibt es eine gute Forschungsinfrastruktur

Das Land stellt den Unternehmen eine hervorragende Forschungsinfrastruktur mit Universtäten, Hochschulen und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen wie die innBW bereit. „Wir fordern gerade die mittelständischen Unternehmen auf, dieses vielfältige Angebot zu nutzen, um wieder zur Spitze aufzuschließen“, appelliert Hämmerle an die Unternehmer.

Unternehmen auf diesem Weg zu begleiten, ist die Aufgabe der innBW. Die Institute des Forschungsbündnisses unterstützen die Firmen bei Vorhaben in den Zukunftsfeldern Energie und Umwelt, Gesundheit und Pflege, Nachhaltige Mobilität sowie Information und Kommunikation tatkräftig. Die zusammen 1.200 Mitarbeiter der innBW-Institute haben im Jahr 2015 fast 4.500 Projekte mit Unternehmen umgesetzt. Ein Großteil davon war mittelständisch.

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