Große Unterschiede bei Innovationskraft der Unternehmen im Südwesten
Forschungsbündnis innBW rät zu verstärkten Investitionen in neue Angebote und Technologiefelder.
Baden-Württemberg ist die Region mit der höchsten Innovationsfähigkeit innerhalb der Europäischen Union. Das belegt der diesjährige Innovationsindex, den das Statistische Landesamt am 14. Dezember 2018 veröffentlicht hat. Den Spitzenplatz im Innovationsvergleich erreicht das Land zum achten Mal in Folge. Grund für das gute Abschneiden sind die Bedeutung forschungsintensiver Wirtschaftszweige und hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung. Bei den Innovationsausgaben der Unternehmen gebe es allerdings große Unterschiede, bemerkt Prof. Dr. Hugo Hämmerle vom Forschungsbündnis Innovationsallianz Baden-Württemberg (innBW): „Der erste Platz Baden-Württembergs basiert vor allem auf der Innovationsstärke großer Firmen in wirtschaftsstarken Regionen. Die Innovationskraft kleiner und mittlerer Unternehmen stagniert hingegen seit Jahren.“ Um dem Trend etwas entgegenzusetzen, müssten sich diese Firmen mehr mit der Forschung im Land vernetzen, so Hämmerle weiter.
Mit 82 von 100 möglichen Punkten hat sich der Südwesten auf dem diesjährigen Innovationsindex um 12 Indexpunkte im Vergleich zu 2016 gesteigert. Das Land führt damit mit deutlichem Abstand die EU-Spitzengruppe an. Auf Platz 2 liegt Bayern mit einem Wert von 64,9 Punkten, dicht gefolgt von der französischen Hauptstadtregion Île de France mit 64,4 Punkten. Insgesamt gehen sechs der zwölf ersten Ränge nach Deutschland, zwei nach Frankreich und jeweils einer nach Schweden, Finnland, Dänemark und die Niederlande.
Beträchtliche Investitionen der Wirtschaft in Forschung und Entwicklung, innovative Industriezweige und eine Vielzahl von Patentanmeldungen bescheren Baden-Württemberg auch dieses Mal den ersten Rang. Die Innovationskraft ist jedoch auch im Südwesten ungleich verteilt: „Kleine und mittlere Unternehmen investieren im internationalen Vergleich recht wenig. Hier gilt es gezielt entgegenzusteuern, um die Innovationskraft des Landes auf hohem Niveau zu halten. Vor allem im Bereich der Existenzgründungen, bei der Entwicklung neuer Produkte und bei der Anzahl an Patentanmeldungen ist der Mittelstand ausbaufähig“, sagt innBW-Sprecher Hämmerle.
Böblingen ist erneut Spitzenreiter in Baden-Württemberg
Auch regional gibt es Unterschiede: Mit 73 Indexpunkten führt der Landkreis Böblingen erneut die Rangliste an. Der Stadtkreis Heidelberg und der Bodenseekreis verbesserten sich um je einen Platz auf Rang 2 und 3, der Stadtkreis Stuttgart rutscht um einen Platz auf Rang 4. Die Landkreise Neckar-Odenwald-Kreis, Sigmaringen und Waldshut liegen erneut auf den letzten Plätzen.
Betrachtet man ausschließlich die Regionen in Baden-Württemberg, führen Stuttgart und der Rhein-Neckar-Kreis die Rangliste der Innovationskraft an. Sie sind auch die wirtschaftsstärksten Regionen im Land: Führende Unternehmen haben hier ihren Hauptsitz oder bedeutende Tochterfirmen.
Prof. Dr. Hämmerle warnt deshalb davor, sich von den guten Durchschnittszahlen täuschen zu lassen: „Die Innovationsstärke des Landes erklärt sich maßgeblich durch die Spitzenstellung großer Unternehmen. Mittelständler haben oft nicht die gleichen Möglichkeiten, Innovationen zu tätigen und drohen verloren zu gehen.“ Auffallend sei außerdem, dass Innovationen nur selten für grundsätzlich neue Techniken, Geschäftsmodelle, Produkte oder Verfahren getätigt werden. Innovationen der kleinen Verbesserungen und Optimierungen stehen im Vordergrund.
Innovationen durch Technologietransfer ausbauen
Um die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu stärken, will das Land wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen wie die innBW ausbauen. Verbundprojekte, Auftragsforschung, Firmenausgründungen und Beratungen sollen dazu führen, dass auch mittelständische Unternehmen künftig vermehrt die Möglichkeit wahrnehmen, mit Forschungseinrichtungen zu kooperieren und neue Technologien zu entwickeln. „Als einer der führenden Wirtschaftsstandorte in Europa muss es unser Ziel sein, die großen Themen der Zukunft wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Elektromobilität, Leichtbau, Medizintechnik und neue Energietechnologien von Beginn an zu nutzen. Hier müssen wir mutiger werden und wieder mehr auf den Erfindungs- und Ideenreichtum der kleinen und mittleren Unternehmen und der Menschen setzen“, fordert Hämmerle.
Die Voraussetzungen dafür erfüllt das Land mit einer agilen, vielfältigen Forschungslandschaft aus Universtäten, Hochschulen und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen wie der innBW. „Für Unternehmen gilt es, diese aktiv zu nutzen. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen bietet sich dadurch die Möglichkeit, wieder zur Spitzengruppe aufzuschließen“, appelliert Hämmerle.
Gerade die mittelständischen Unternehmen auf diesem Weg zu begleiten, ist die Kernaufgabe der innBW. Die 13 Mitgliedsinstitute der Innovationsallianz arbeiten mit Unternehmen an anwendungsorientierten Forschungsprojekten der Wirtschaft auf allen Zukunftsfeldern des Landes.
Index als Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit
Alle zwei Jahre errechnet das Statistische Landesamt Baden-Württemberg den Innovationsindex. Er ist ein Indikator für die Innovationskraft einer Region. Innovationen gelten als entscheidende Grundlage für Wachstum und Beschäftigung. Zum Innovationsindex www.statistik.baden-wuerttemberg.de/Presse/Pressemitteilungen/